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#Senckenbergliebling Vol.2

Dr. Thorolf Müller: Rutenangler

#10 vom 09.01.22


Unser nächster Pate ist zu beneiden, denn er kann seinen #Senckenbergliebling täglich besuchen – zumindest theoretisch. Es handelt sich um unseren Kurator Dr. Thorolf Müller, der die Gestaltung der Räume „Tiefsee“ und „Meeresforschung“ leitete. Hier erzählt er, weshalb ihn von allen Exponaten im Museum der Rutenangler Ceratias holboelli am meisten fasziniert:

„Ich habe mir selbst die Patenschaft für das Modell eines Tiefsee-Rutenanglerfisch-Pärchens im Bereich “Tiefsee” geschenkt. Einerseits fasziniert mich die Biologie dieses Tieres – vor allem die der Partnersuche und Fortpflanzung – andererseits das Können unserer zoologischen Präparatorin Frau Fuhrich, die das Modell geschaffen hat. Ich konnte dankenswerterweise von der Suche nach Bildern des Tieres und den Gesprächen mit den Fisch-Wissenschaftlern, über das detaillierte Tonmodell bis hin zum Abguss, dem Einsetzen der einzelnen Stacheln und der endgültigen Bemalung (Kolorierung) jeden Schritt mitverfolgen. Dass die Angel des Modells bei Druck auf den Knopf an der Vitrine leuchtet, ist ein Trick, den ich hier nicht verrate…

Weibliche Rutenangler der Art Ceratias holboelli sind etwa 100 cm lang, die Männchen gerade einmal 0,2-1,3 cm. Finden sich die Partner nach teilweise sehr langer Suche in der ewigen Finsternis der Tiefsee, verwächst das Männchen fest mit dem Weibchen. Das Männchen wird nun über den Blutkreislauf des Weibchens ernährt und ist immer verfügbar für die Fortpflanzung. Mittels der leuchtenden Angel jagt das Weibchen andere Tiefseebewohner und ernährt beide. Weil ich als Ausstellungsmacher bei Senckenberg arbeite, kann ich das Tier täglich besuchen – was ich nicht immer schaffe. Wenn ich es schaffe, dann freue ich mich jedes Mal und drücke gerne den Knopf, der die Angel zum Leuchten bringt.“

 

Vielen Dank dass Sie Ihre Begeisterung mit uns teilen, Herr Dr. Müller! Obwohl Sie natürlich bestens mit Ihrem #Senckenbergliebling vertraut sind, haben wir Miriam Fuhrich, Technische Assistentin in unserer zoologischen Präparation, gebeten, uns weitere Details über den Rutenangler zu erzählen:

Sobald der Rutenangler aus der Tiefe an die Meeresoberfläche gelangt, verändert sich aufgrund des unterschiedlichen Wasserdrucks seine typische Form. Daher wurde das bei uns im Senckenberg Naturmuseum Frankfurt ausgestellte Exponat auf der Basis von Fotos und Grafiken frei modelliert. Hierfür wurden geeignete Modelliermaterialen verwendet, mit denen neben der Körpergestalt auch feinste Oberflächenstrukturen nachgebildet werden konnten. Abschließend wurde das Exponat naturgetreu koloriert. Daher handelt es sich bei dem im Tiefsee-Raum ausgestellten Rutenangler um ein handgefertigtes Modell, in welchem kein Originalmaterial enthalten ist.

 

Und weil Frau Fuhrich sich intensiv mit dem Rutenangler befasst hat, kann sie uns auch etwas über seine Biologie erzählen:

Der Rutenangler gehört zur Gruppe der Anglerfische. Diese Art Fische leben in Tiefen von bis zu 3.000 Metern, wobei sie sich aber meist 500 bis 1.500 Meter unter der Wasseroberfläche aufhalten. Aufgrund der allgegenwärtigen Dunkelheit in solchen Tiefen besitzen Rutenangler nur sehr kleine Augen, die vermutlich kaum eine Funktion haben.

In Bezug auf Nahrung bringen Rutenangler jedoch etwas Licht ins Dunkel: Die Angel der Weibchen ist der extrem verlängerte, nach vorn gerichtete erste Strahl der Rückenflosse, an wessen Ende ein lichterzeugendes Organ, also eine Biolumineszens, sitzt, mit dem der Fisch in der Finsternis der Tiefsee Beute zu sich locken kann. Mithilfe seines großen, senkrecht stehenden Maules saugt er die neugierigen Fische auf, sobald sie in seine unmittelbare Nähe gelangen.

 

Wir hoffen, dass Sie auch weiterhin Ihrem Rutenangler treu bleiben, und dass das Exponat noch viele weitere Besucher des Senckenberg Naturmuseum Frankfurt in den Bann ziehen wird.