Forschung

Neue Arten der Salmlerartigen

Die Biodiversität der neotropischen Salmlerfische (der Salmlerartigen) bleibt oft unverstanden. Jedes Jahr werden lediglich 10 bis 20 neue taxonomische Arten und Gattungen erforscht, weshalb unser Wissen über die Phylogenetik dieser Artenfamilie begrenzt ist. Von 2005 bis 2013 haben wir 18 neue Arten, drei neue Gattungen und eine neue Tribus entdeckt (Zarske, 2007, 2008a,b, 2009; Zarske & Géry, 2006a,b,c,2007, 2008, 2011a,b, 2012, 2013; Zarske, A., Le Bail, P.-Y. & Géry, J. 2006, 2010). Darunter sind ein paar besondere Fische wie Trochilocharax ornatus (Zarske, 2010), Nannostomus rubrocaudatus Zarske und Nannostomus nigrotaeniatus (Zarske, 1913).
Aber nicht nur die Entdeckung neuer Gattungen ist wichtig, sondern auch der korrekte Wissensstand über diese Neuentdeckungen. Neue Informationssammlung über schon vorhandenen Arten ist deshalb nützlich. Mit dem richtigen Hintergrundwissen über die Taxa ist es einfacher, eng verwandte Gattungen zu unterscheiden. Characidium borelli (Boulenger, 1895), Ch. macrolepidotum (Peters, 1886), Copella nattereri (Steindachner, 1876) und Boehlkea fredcochui (Géry, 1966) sind ein paar solcher Beispiele. Anhand eines früheren Beispiels konnten wir zeigen, dass ein Taxon, das als ausgestorben galt (Agoniates halecinus Müller & Troschel, 1848), tatsächlich in nördlichen Teilen Südamerikas weit verbreitet ist (Zarske & Géry, 1997). Diese Arbeit führte zu der Namensveränderungen bekannter Arten.

Der Atlas der Fische in Sachsen (dritte Auflage 2015)

In der Vergangenheit war die regionale Ichthyofauna ein primäres Forschungsfeld unseres Museums. Die wichtigste Forschungsarbeit darüber wurde von Leonhardt & Schwarze (1903) geschrieben. Es gab eine Vielzahl wichtiger historischer Exemplare in der Ichthyologie Sammlung, doch leider sind diese Exemplare oft die einzigen objektiven Nachweise der in Sachsen ausgestorbenen Spezies.

Mit diesem Hintergrundwissen haben wir in Kooperation mit der Sächsischen Landesanstalt für Umwelt und Geologie, dem Referat Fischerei, dem Institut für Hydrobiologie der Technischen Universität Dresden und dem Sächsischen Anglerverband zahlreiche Studien —insbesondere an der Elbe— durchgeführt.
Dabei wurden spannende Veränderungen in der Zusammensetzung der Arten im Zusammenhang mit der Verbesserung der Wasserqualität beobachtet. Obwohl die Elbe im Jahr 1989 der meistverschmutzte Fluss Deutschlands war, lebten damals mehr Fische darin als heute.
Mit dem Prozess der Wasserklärung hat sich die Fischfauna verändert: heute ist zwar die Vielfalt größer, doch die Gesamtanzahl der Fischpopulation ist im Vergleich zu 1989 gesunken. 

1996 haben wir unsere Ergebnisse in „Die Fischfauna von Sachsen. Rundmäuler, Fische, Krebse. Geschichte, Verbreitung, Gefährdung, Schutz“ veröffentlicht. Da diese Publikation schnell überholt wurde, haben wir 2005 die überarbeitete und erweiterte Ausgabe „Atlas der Fische Sachsens. Rundmäuler, Fische, Krebse. Geschichte, Verbreitung, Gefährdung, Schutz“ herausgebracht. Diese Ausgabe beinhaltet ein Kapitel über die Bestimmung von Fischarten und obwohl der „Atlas“ sehr gute Rezessionen erhalten hat, ist er heute nur noch für einen hohen Preis (140-280 Euro) im Internet erhältlich.

Arten der Salmlerfische (characiformes) im Naturkundemuseum Berlin

Historisches Material ist oft die einzige Quelle, um problematische Taxa zu definieren. Meist geben originale Beschreibungen und Bilder nicht genug Informationen, sodass neue Forschungsergebnisse nötig sind. Es gibt viele historische Arten der Salmlerfische im Naturkundemuseum in Berlin. Das genaue Wissen ist für die Entdeckung neuer, bis jetzt unerforschter Arten relevant.
Wenn ein Taxon der problematischen Art unentdeckbar ist, dann bleibt die Nomenklatur oft unlösbar. Aufgrund dessen ist es möglich, dass Arten, die in der freien Wildbahn sowie in geschlossener Tierhaltung leben, lange unter falschem Namen geführt werden. Während diesen Untersuchungen wurden viele Arten von Carl Eigenmann (1863-1927) in der ichthyologischen Sammlung des Naturkundemuseums in Berlin wiederentdeckt.

Ein Beispiel ist der Rautenflecksammler, der lange Zeit als Hemigrammus caudovittatus (Ahl, 1923) bekannt war. 1995 haben Zarske & Géry entdeckt, dass dieser Fisch, der schon seit 1922 in geschlossener Haltung gezüchtet wurde, zu einer ganz anderen Spezies gehört: nämlich zu der Hyphessobrycon anisitsi (Eigenmann, 1907). Allerdings war die Artenbestimmung dieser Taxa verloren, sodass wir nicht imstande dazu waren, dieses Problem zu lösen. Bei dieser Untersuchung fanden wir die verlorenen Typusproben (146 Exemplare) von H. caudovittatus; so können wir Hemigrammus caudovittatus (Ahl, 1923) als identisch mit Hyphessobrycon anisitsi (Eigenmann, 1907) erklären.

Die genaue Bestimmung des Xiphorhamphus pericoptes (Müller & Troschel, 1844) war für eine lange Zeit ebenfalls unerforscht. Allerdings können wir aufgrund neuer Forschungsergebnisse nun zeigen, dass dieser Name identisch mit Oligosacus hepsetus (Cuvier, 1829) ist.

Überprüfung der neotropen Fischgattung Metynnis Cope,1878 (characiformes, serrasalmidae)

Die taxonomischen Beziehungen innerhalb der neotropischen Salmlerartigen genus Metynnis Cope, 1878 (gängiger Name: Silverdollars) sind nicht sehr zufriedenstellend. Ahl (1924, 1925, 1927, 1931) hat 24 Taxen identifiziert, während Gosline (1951) die Anzahl auf sechs reduziert hat. Sowohl Ahl als auch Gosline haben allerdings die Taxa von früh entdeckten Arten noch nicht genügend erforscht. Genauer gesagt hatten sie nicht genug Material zur Verfügung, um die Veränderlichkeit der einzelnen Arten zu bestimmen.
Der Hauptbestandteil von Ahls Material hat keine feste Grundlage, da die Artenfamilie von M. goeldii (Eigenmann, 1903), M. orinocensis (Steindachner, 1908) und M. fasciatus (Ahl, 1931) zu der Zeit verloren war. Metynnis unimaculatus (Steindachner, 1908) ist identisch mit Mylossoma duriventris (Cuvier, 1818). Eine Neu-definierung der Artenfamilie war der erste Schritt zur Überprüfung der genus Metynnis (Zarske & Géry, 1999). Die gesamte nominale Taxa wurden beschrieben und für jede von ihnen wurde ein Typmuster oder eine topotypische Probe erstellt.

In manchen Fällen wird topotypisches Material für die korrekte Charakterisierung der Arten verwendet. Folgende Arten wurden als erforscht und begründet erachtet: M. hypsauchen (Müller & Troschel, 1844), M. maculatus (Kner, 1858), M. lippincottianus (Cope, 1870), M. luna Cope (1878), M. mola (Eigenmann & Kennedy, 1903), M. orinocensis (Steindachner, 1908), M. guaporensis (Eigenmann, 1915) , M. altidorsalis (Ahl, 1924) (Abb. 1), M. argenteus (Ahl, 1924) , M. otuquensis (Ahl, 1924) und M. fasciatus (Ahl, 1931).
Für M. maculatus (Kner, 1858), M. orbicularis (Steindachner, 1908) und M. ehrhardti (Ahl, 1927) ist ein Taxon vorgesehen.

Darauffolgend wurden zwei neue Arten erforscht und ein Syntyp von M. goeldii (Eigenmann, 1903) wurde wiederentdeckt. Metynnis longipinnis (Zarske & Géry, 2008) (Abb. 2) aus der Casiquiare-Drainage in Venezuela ist eng mit Metynnis hypsauchen (Müller & Troschel, 1844) verwandt, was seine Eigenschaften betrifft. Damit sind die (1) hohe Anzahl von Kiemenrakern, (2) die lange Fettflosse, (3) der tiefe Körper, (4) der kurze Kopf und (5) der lange Hinterhaupt gemeint.
Außerdem ist er klar definiert durch (1) die hohe Anzahl von Serrae (36-37 vs. 36-37). 27-32 von M. hypsauchen), (2) die kleinen Schuppen (91-93 vs. etwa 75-83), (3) die gleichmäßig silberne Färbung und (4) die extrem verlängerte Rücken- und Afterflosse. Metynnis longipinnis 1924 unterscheidet sich deutlich von Metynnis altidorsalis Ahl durch die (1) Anzahl seiner Kiemenreusen (30-33 vs. 20-25 für M. altidorsalis), (2) die Anzahl der verzweigten Analstrahlen (37-40 vs. 37-40). 32-37 für M. altidorsalis), (3) die Anzahl der Serrae (36-37 vs. 29-35 für M. altidorsalis) und (4) die Länge des Hinterhauptbeins (18,94-20,78 % SL vs. 11,7-15,6 für M. altidorsalis).

Darüber hinaus hat M. longipinnis eine längere Fettflosse (20,00-20,78 % SL vs. 11,8-16,2 für M. altidorsalis) und eine verlängerte Rücken- und Afterflosse (vs. nicht verlängert für M. altidorsalis). M. luna Cope, 1878, M. orinocensis (Steindachner, 1908) und M. guaporensis (Eigenmann, 1915) unterscheiden sich durch eine höhere Anzahl von Kiemenreusen und einen längeren Kopf.
M. lippincottianus (Cope, 1870) hat eine ganz andere Färbung. Metynnis polystictus (Zarske & Géry, 2008) (Abb. 3) aus dem Rio Xingu in Brasilien ist eng verwandt mit Metynnis anisurus (Ahl, 1924).
M. polystictus sp. n. unterscheidet sich deutlich von M. anisurus durch seine (1) Färbung (fleckenloser Körper bei M. anisurus vs. zwei verschiedene Arten von Flecken bei M. polystictus sp. n.) und (2) den vergrößerten Unterlappen der Schwanzflosse (entwickelt bei M. anisurus vs. nicht vorhanden bei M. polystictus sp. n.).

Die Sinnverwandtschaft von Metynnis goeldii (Eigenmann, 1903) (Röntgenbild Abb. 4) mit Metynnislippincottinianus (Cope, 1870) konnte durch die Wiederentdeckung von Metynnis goeldii Eigenmann, 1903 in der Sammlung der California Academy of Sciences in San Francisco bestätigt werden.

Der nächste Schritt wird die Neu-Erforschung aller gängiger Arten und eine phylogenetische Analyse der Gattung.